Der Tag nach der Niederlage, nach der für Leipziger Verhältnisse, recht viel Kritik geäußert wurde. Dem einen mag einige Kritik etwas hart erscheinen, ist aber wohl eher ein Zeichen dafür das sich in den letzten Spielen schon einiges an Unmut aufgestaut hatte.
Die Befürchtungen, man würde Spiele in der Art bis zur Winterpause sehen, sind sicher vorhanden und nicht ganz von der Hand zu weisen, auch wenn der Trainer und vielleicht sogar im Hintergrund Rangnick die Länderspielpause nutzen werden, um Verbesserungsideen zu erarbeiten.
Leider dürfte es bis auf wenige Trainingstage bei Ideen bleiben, denn bei so vielen angeforderten Spielern für Nationalmannschaften, selbst wenn wohl nicht alle fahren, wird es kaum möglich sein, bis zum nächsten Spiel Grundsätzliches zu verändern.
Vor der Aufarbeitung des Ganzen sei auch angemerkt, dass es keine einfachen Lösungen für solche Spiele gibt. Jeder der gestern oder heute meint er hätte die total einfache zündende Idee, die alles verbessert, sollte unbedingt ins Fußball Business einsteigen. Mit solch einem gefundenen heiligen Gral wäre er wohl der gefragteste Mann in der Branche.
Realistisch ist aber eher, dass bei so etwas viele Faktoren zusammenkommen, von denen man nicht wenige, selbst bei einem Lösungsansatz, nicht einfach mal mit einem Fingerschnippen auf dem Platz umsetzen lassen kann.
Viele Diskussionen nach dem Spiel drehten sich in etwa um die Frage, welches Spielsystem gen Tor denn überhaupt angedacht ist. Da wird man evtl. sehr bald ein paar Relativierungen von offizieller Seite hören, so ganz kommen Zorniger und Rangnick aus dieser Frage jedoch nicht heraus. Denn wie so oft fallen sicher nicht nur mir einige Aussagen vor der Saison oder auch noch während der ersten Spiele ein. Sinngemäß will man nicht nur erfolgreich sein, sondern auch ansehnlichen Fußball bieten. Man kann sicher über die sportliche Leistung vielerlei Meinungen vertreten, aber jemanden zu finden der die letzteren Spiele als ansehnlich betrachtet, ist wohl ein schier aussichtsloses Unterfangen.
Wie schon gesagt, gibt es weder einfache Gründe, noch einfache Lösungen, jedoch ein paar Diskussionsansätze, die man durchaus hinterfragen kann.
Der Kader
Transferzeiten sorgen bei Rasenballsport gern für große Aufregung, nicht selten spekuliert man über hohe Ablösen oder hoch gehandelte Namen. Dahin gehend machte auch der Sommer keine Ausnahme. Schaut man sich die Zugänge momentan an, so kann ein Compper durchaus den Ausfall von Hoheneder kompensieren, Kalmar und Hierländer könnte man als Option für das Mittelfeld bringen, vielleicht könnte man Rebic auch in solchen Spielen wie gestern als Option einsetzen.
Das Problem dürfte allein schon hinsichtlich dieser Formulierung klar sein.
Denn lässt man Boyd, für dessen Bewertung eine einzige, nicht einmal 90 Minuten gespielte Partie kaum ausreichend sein dürfte, einmal außen vor, befindet sich unter den Verpflichtungen nur 1 Stammspieler, Rani Khedira.
Nimmt man einmal die in der Presse gehandelten Ablösesummen und rechnet die zwei Verpflichtungen für Salzburg heraus, könnte man nach derzeitigem Stand etwas überspitzt sagen, man hat vor der Saison 500 Tausend Euro in die Qualität des Kaders investiert und 4,1 Millionen in die Breite.
Ohne tieferen Einblick in die Personalplanungen gehabt zu haben, ein Verhältnis was sicher nicht so angedacht sein kann, erst recht nicht wenn man wirklich oben mitspielen möchte.
Das Spielsystem
Ein Phänomen im Profifußball ist sicher das Aufsteiger nicht selten am Anfang der Saison besser wegkommen als im Verlauf. Auch wenn man heutzutage Unmengen Videomaterial aus der jeweiligen Aufstiegsliga zur Verfügung hat, ist immer sehr gut ersichtlich, das eine Einstellung der Gegner trotzdem eine Weile benötigt.
Alexander Zorniger sagte vor kurzen Gegner könnten sich nicht auf diese Spielweise einstellen, aber das ist nur zum Teil richtig. Natürlich gibt es nur begrenzt Möglichkeiten sich auf Dinge wie Pressing einzustellen. Allerdings gibt es diverse Möglichkeiten Schwachstellen in der Spielweise des Systems aufzudecken und für sich zu nutzen. Sehr vereinfacht gesagt, zieht der Gegner seine Stärke aus einem dominanten Mittelfeld, legt man es drauf an dies möglichst zu überspielen. Gehen die Bälle nach Balleroberungen schnell auf einen zentralen Spieler, wird man es vermehrt darauf anlegen, diesen aus dem Spiel zu nehmen. Haben einige Spieler so ihre Probleme im Zweikampf, wird man diese wohl mit den eigenen Spielern möglichst oft in diesen hineinzwingen.
Dies trifft auch Leipzig, denn überraschen konnte man vielleicht am Anfang noch, mittlerweile dürfte der "Aha" Effekt beim Gegner doch sehr klein geworden sein.
Da es mit der alten Variante nicht funktioniert und ein paar individuelle Probleme hinzukommen, verfällt man zusehends in das Spiel mit langen Bällen. Etwas, was der Mannschaft weder liegt, noch gegen Gegner, die dank des erwarteten Offensivdrucks bei den Leipzigern hinten ziemlich kompakt stehen, wirklich gut in Tore umzumünzen ist.
Indviduelle Probleme
Um die Liste nicht endlos zu erweitern, fasse ich einiges einmal in die Kategorie individuelle Probleme zusammen. Wenn zum Beispiel die meisten Bälle trotz Zweistürmersystem auf Poulsen gespielt werden, wird der Gegner diesem die Räume sehr eng machen, was zu schwer zu verwertenden Bällen führt. Wie das dann aussieht, konnte man gestern beobachten. Viele Bälle, die nach kurzer Berührung etwa im Aus oder vor den Füßen des Gegners landen.
Ein zweites anderes Beispiel die Sturm und Drangphase von Darmstadt ab Mitte von Halbzeit zwei. Wenn sich die Spieler zu sehr vom Rückstand anstecken lassen und trotz des Umstandes, dass die geschlagenen Bälle wenige Sekunden später in einem Konter enden, kein Tempo rausnehmen um kurz Ruhe ins Spiel zu bringen, ist es natürlich schwer für den Trainer da etwas zu ändern. Das zählt dann wohl zu den gern angeführten "Kopfsachen".
Ein drittes Problem ist da schon eher ein Problem des Trainers. Alexander Zorniger hatte gestern auf der Bank viele tolle Teamplayer, mit denen man einzelne Probleme in einer guten Mannschaftsleistung korrigieren könnte. Den defensiv starken Frahn, einen schnellen Morys, mit Kalmar könnte man das Mittelfeld durchaus gut absichern. Was aber tun, wenn gerade von vorn bis hinten der sprichwörtliche "Wurm" drin ist? Dann bräuchte man eigentlich jemanden, der etwas tut, was man ansonsten wenig bis nicht benötigt, nämlich etwas "out of the box" spielt. Einer der es dann halt mal mit einer todesmutigen Einzelaktion versucht ob nun, weil es seiner Spielweise entspricht oder auch nur weil er sich unbedingt zeigen will.
Fazit
Wie man sieht viele Dinge zu bedenken und dies war sicher nur eine Auswahl an Ansätzen. Keine leichte Aufgabe für die nächsten Spiele, zumal die Zeit auch anhand der schon erwähnten Nationalmannschaftsreisen begrenzt ist.
Bisher hatte Alexander Zorniger jeweils ein gutes Händchen für solche Situationen, konnte einige überraschende Formänderungen in kurzer Zeit bewirken. Ob er das nun wieder schafft, wird man in den verbliebenen Spielen bis zur Winterpause wohl beobachten können.
Spätestens für dann wird man sich wohl einen "Schlachtplan" zurechtlegen.