Keine hohen Mitgliederzahlen

Donnerstag, 6. Juni 2013

Ein Thema, was seit der Gründung von Rasenballsport Leipzig immer wieder herumgeistert, ist das Thema Mitgliedschaft beim Verein. Nun, wie wir alle wissen, hat RBL nur ein paar stimmberechtigte Mitglieder.
Dabei kann man theoretisch Mitglied werden, sofern man sich den Antrag besorgt, der nicht öffentlich verfügbar ist, einen immensen Kostenaufwand einplant und der Antrag den Passus übersteht, dass er laut Satzung auch grundlos abgelehnt werden kann. Sehr wahrscheinlich ist dies jedoch nicht.

Gerade Kritiker bemängeln dies als grundlegenden Verstoß gegen den traditionellen Fußballverein und sind auch schnell dabei ihre Mitgliedschaft als DER entscheidende Faktor über Gut und Böse anzuführen.

Die Gründe sind schnell gefunden. Eine Mitgliedschaft bringt nun einmal auch Mitbestimmung mit sich, die den Plänen von Red Bull durchaus auch entgegen stehen können.

Geschäftsführer Wolter drückt das natürlich etwas diplomatischer aus:
Wir streben nicht die hohen Mitgliederzahlen anderer Vereine an, aber haben aktuell über 250 Mitglieder – aktive und passive – in unserem Verein und erfüllen damit selbstverständlich die Anforderungen des DFB und des Vereinsrechts. Vereine, in denen Fans aus der Ultra-Szene Strukturen geschaffen haben, sind sicherlich nicht im Sinne des deutschen Fußballs. Solchen Zuständen wollen wir uns absolut entziehen.
Die bösen Ultras also. Obwohl diese Argumentation natürlich arg weit hergeholt erscheint, ist die Mitbestimmung hinsichtlich der großen Themen die Red Bull evtl. Sorge bereitet gar kein Faktor, der bei RB Fans häufig gefragt ist. Entscheidungsmäßig kommen dort eher Angst Themen hoch wie "Keiner kann verhindern, dass der Verein irgendwann geschlossen wird"

Trotzdem stellt sich für mich die Frage, ob sich Red Bull und damit RB Leipzig im Klaren ist, worauf man sich dort langfristig einlässt. Denn Vereinsmitgliedschaft ist nicht nur einfach ein hohes moralisches Gut im deutschen Fußball, wesentlich mehr als in anderen Ländern. Sie erfüllt auch nebenbei Grundbedürfnisse die völlig abseits jeder Einflussnahme liegen und nicht so leicht zu ersetzen sind.

Wahrscheinlich gibt es noch einige mehr, hier jedoch mal exemplarisch 3 Wichtige.

1. Ein Informationsbedürfnis

Informationen sind eine feine Sache, wenn man Sie denn hat. Nun nehmen allerdings unterschiedliche Menschen auch unterschiedliche Informationskanäle wahr und eine Information an denjenigen zu bringen, der Sie benötigt, ist nicht so einfach wie es klingt.

Veröffentlicht man nun eine Information auf der eigenen Webpage? Verbreitet man sie zuerst in allen möglichen und unmöglichen sozialen Netzwerken? Oder informiert man zuerst die Fanclubs? Vielleicht wäre auch eine Info in der Presse sinnvoll.

Diese Fragen stellen sich alle Vereine und alle diese Wege können schief laufen mit einem Unterschied. Nehmen wir als Extrembeispiel einaml eine fiktive Person "Hans". Hans konnte mit sozialen Netzwerken noch nie etwas anfangen, findet sich auf offiziellen Seiten nicht zurecht und ist dummerweise in keinem Fanclub. Hans ist viel unterwegs und kommt zwischendurch ausser Stadionbesuchen maximal dazu in Fanforen zu schauen wo er dann auf jede Menge Leute mit manchmal leider auch gefährlichen Halbwissen stösst.

Nun hat selbst Hans bei Vereinen mit Mitgliedern eine Art Informationsfallback wie man neumodisch sagen würde, die Mitgliederversammlung. Denn egal wie uninformiert er auch ist, dort werden die wichtigsten Themen werden dort besprochen. Er wird somit immer auf aktuellen Stand gebracht. Ausserdem können einige Themen ohne Mitgliederversammlung eh nicht beschlossen werden, somit tauchen diese dort garantiert auf.

Ein schönes aktuelles Beispiel ist die Preiserhöhung bei RB Leipzig, die gerade für ziemlichen Wirbel sorgt. Gäbe es Mitgliedschaft und demnach eine Mitgliederversammlung wären dort sicher alle wenn und aber auf direkten Wege zu klären gewesen. Eine Klärung von sich ergebenden Problemen, eine Lieferung von Hintergrundinfos sowie auch Ideen hätten erörtert werden können.

Stattdessen musste sich der Verein gezwungenermaßen für einen der Wege im zweiten Absatz entscheiden, was, wie eigentlich zu erwarten, zu einem Sturm der Entrüstung führte und sicher auch nicht die besten Schlagzeilen geben wird.

2. Die Mitwirkungsbedürfnis

Auch ein Teil, der bei Leipzig mit der Zeit schwieriger werden wird, ist die Möglichkeit der Mitgestaltung. Der Verein ist jung und die Wege glücklicherweise noch kurz, trotzdem spürt man schon das die Fanbase komplexer wird, das Strukturen wachsen und das eine direkte Einwirkung wohl immer schwieriger werden wird.

Nun ist RB sicher kein Verein, wo ein Fan einen Hammer in die Hand nehmen muss, um das Stadion zu reparieren, aber die meisten Fans werden früher oder später auf eine Idee kommen, die sie gern mitteilen würden. Oder den Drang verspüren irgendeinen materiellen oder ideellen Anteil zu leisten der den Verein voranbringt.

Natürlich kann man sich direkt an den Fanbetreuer wenden, doch kann dieser bei stetig wachsender Fanbase noch auf alles eingehen? Wahrscheinlich wird allein der Aufwand die organisierten Fans zu betreuen enorm werden.

Genau deshalb ist es wichtig möglichst einfache Möglichkeiten zu schaffen für jeden Fan irgendeine Form der Mitwirkung zu schaffen. Sei es die Möglichkeit Ideen möglichst in einer Runde einzubringen oder einfach einen materiellen Anteil zu leisten.

Auch da liefern aktuelle Gegebenheiten ein gutes Beispiel. Denn wie schon beim Auswärtsreise Thema zum Relegationsrückspiel ist auch in der aktuellen Preisdiskussion wiederum ein Nebenschauplatz erkennbar. Die Entrüstung darüber, dass etwas über einen selbst hinweg entschieden wird. Und obwohl man Mails, Briefe, Forenbeiträge und Einträge in sozialen Netzwerken verfassen kann. Man kann, schon allein technisch bedingt auf all diesen Wegen kaum ein Feedback erhalten, das die eigene Meinung entsprechend wahr genommen wurde.

3. Das Bedürfnis Teil des ganzen zu sein

Vielleicht ist es eine deutsche Eigenart, aber auch der Fußballfan hierzulande ist gern Teil von etwas. Da kann der Verein noch so sehr auf Fanclubs verweisen, wenn man Mitglied im Fanclub ist, ist man Mitglied im Fanclub und nicht im Verein.

Das "ich gehöre dazu" Gefühl ist sicher eines der ausschlaggebenden Faktoren von langfristig erfolgreichen Vereinen. Denn etwas entstehen zu sehen bei dem einen Anteil hat, und sei es nur das man zu dem Zeitpunkt Mitglied gewesen ist.

Doch das Ganze reicht viel weiter. Man wird bei Rasenballsport langfristig das Problem haben das die am Verein beteiligte immer "weit weg" sein werden. Egal wie man sich versucht zu geben, wann hat der normale Fan schon mal die Chance den Geschäftsführer oder andere, eher global handelnde, Live zu erleben? Klar die sitzen irgendwo im riesigen Stadion und evtl. hat man das Glück in einem OFC mal irgendwo "geladen" zu werden. Doch die Wahrscheinlichkeit ist gering.

Ein Geschäftsführer oder Sportchef der Anwesenden den Fahrplan der nächsten Zeit erklärt hat schon was und sorgt dafür das sich Fans auch "wichtig" fühlen. Interview, Presseberichte und andere Kommunikation dagegen wirkt oft eher steril. Gerade für RBL die doch versuchen vom Image dem Vorurteil des "Konzerns" zu entweichen wäre dies eine einfache Möglichkeit zu punkten.

Fazit:
Das ganze bedeutet sicher nicht, das man jetzt zwingend das System auf einen klassischeren Vereinsstil umstellen muss. Jedoch wird man nicht umhin kommen die Anforderungen ansonsten auf andere Weise zu lösen. Leipzig hat das Potential für sehr viele Fans und Interessierte. Umso länger der Verein besteht umso emotionaler werden diese an den Verein gebunden, was sicher auch im Interesse des Investors ist.

Die Emotionen die dadurch entfesselt werden können tragen die Message des Vereins und sicher auch von Red Bull in die Welt, am Ende vielleicht sogar als Aushängeschild.

Allerdings sind Emotionen auch ein Zweischneidiges Schwert und ich möchte mir nicht ausmalen, was passiert, wenn der Verein die Bedürfnisse auch langfristig nicht stillt. Spielt man irgendwann 1. Bundesliga oder sogar international könnte sonst selbst ein kleiner fopa ausreichen um mehr auszulösen als nur eine Sturm der Entrüstung in sozialen Medien.

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