"Coltoooooooooooorti"

Sonntag, 26. April 2015

Etwas mehr als einen Tag ist es nun her, seit RB Leipzig gegen Darmstadt gewann und langsam kann man auch wieder vollständige Sätze formen. Man könnte jetzt natürlich einen klassischen Spielbericht machen, doch dieser würde wohl den Schlussminuten nicht wirklich gerecht.

Das Spiel begann wie zu erwarten. Leipzig drückte, Darmstadt zog ihr übliches destruktives Spielsystem durch. Einen Fußball, bei dem man sich schon zu Beginn fragen muss, ob die Darmstädter denn wirklich auf Sieg spielen oder einfach nur die Zeit rumbekommen wollen. Einige mögen Dirk Schuster dafür loben, ich allerdings bin froh, das man in Leipzig ein völlig gegensätzliches Konzept verfolgt. Das man Fußball zeigen möchte, der auch ansehnlich ist, auch wenn dies natürlich nicht immer funktioniert.

Während demnach der Anti-Fussball so dahinplätscherte, Darmstadt nur über schnelle Konter gefährlich wurde und dieses Hin und Her nur zwischenzeitlich durch Dominik Stroh-Engel unterbrochen wurde, der wieder einmal schmerzerfüllt zu Boden sackte, weil ihn irgendein Windhauch eines vorbeilaufenden Spielers übel verletzt hatte, schien man sich auf dem Platz zu neutralisieren. Zwar war das Spiel kein schlechtes, der Spielfluss war allerdings eher mühselig.

Defensiv stand Darmstadt wie immer durchaus sicher, so sicher, das ich diese Saison bei Darmstadt Spielen durchaus immer mal einen Blick zur Darmstädter Trainerbank werfe, ob sich da nicht doch vielleicht Otto Rehhagel versteckt, aber bisher konnte ich ihn noch nicht erspähen.

Das Ganze lief bis zur 76. Minute, dann kam Daniel Frahn und der Wahnsinn nahm seinen Lauf. Viele rieben sich doch verwundert die Augen, war der "Capitano" doch schon abgeschrieben, doch diese Einwechslung erwies sich als Kunstgriff Beierlorzers. Denn sofort waren die Fans da und feierten Frahn frenetisch und lautstark. Knapp eine Minute später dann der Schock, Darmstadt ging in Führung. Doch anders als in vergangenen Spielen hielt die Schockstarre nur kurz und man pushte von den Rängen weiter die Mannschaft nach vorn, während Frahn auf dem Platz für einen Motivationsschub zu sorgen schien. Noch 3 Minuten später. Ein Ball landet im Strafraum der Darmstädter, diese versuchen ihn wegzuschlagen, dabei spielt man ihm Klostermann quasi vor die Füße und der lässt sich wiederum nicht lang bitten, Ausgleich 1:1.

Das Stadion bebte. War da noch was drin? Die Minuten schwanden auf der Uhr, und auch wenn die Fans hellwach waren, schwand damit auch die Chance. 3 Minuten Nachspielzeit. Fast 92 Minuten waren rum, Eckball. Es wäre wohl im Normalfall nicht die letzte Szene gewesen, aber Darmstadt wechselte noch einmal und so war klar, danach ist Schluss. Alles auf Sieg, selbst Coltorti ging mit nach vorn. Die Ecke wird ausgeführt, unser Torhüne schleicht sich weg, Stroh-Engel gibt passend zum Spiel den Libero und hebt das Abseits auf und der Ball landet tatsächlich bei unserem Schweizer Schlussmann. Dieser dreht sich graziengleich mit dem Ball und versenkt ihn postwendend im Tor. Gekonnt ist eben gekonnt.

Das Stadion explodierte förmlich. Keiner konnte es fassen aber alle den Moment feiern. Coltorti wurde auf Schultern durchs Stadion getragen, unser Stadionsprecher stand mit Ansagen auf völlig verlorenen Posten, das Spiel war aus und Leipzig hat spätestens seit dem Moment einen Helden, der, sollten wir irgendwann einmal ein Vereinsmuseum eröffnen, sicher mindestens eine eigene Wand bekommen wird. Wer die Momente nach dem Sieg völlig losgelöst vom Spiel betrachtet, könnte meinen, Leipzig hätte gerade die deutsche Meisterschaft errungen. Aber nein, es waren wirklich nur 3 Punkte gegen Darmstadt. 3 Punkte, die sicherlich die Hoffnung weiterleben lassen. Aber der Moment wird sicherlich bleiben, unabhängig vom Saisonausgang.

Angesprochen auf zukünftige Torjägerqualitäten sagte Coltorti nach dem Spiel
"Das sind fast 100 Meter bis nach vorne. In meinem Alter schafft man das nicht so oft."

Ich glaube bei einem Mann, der zur Not auch noch in der 120. Minute nach dem Ball hechtet wie ein junges Reh und der so gestählt ist, das er in früheren Zeiten nach einem Fingerbruch im Spiel nur ein wenig Eisspray brauchte, um das Spiel zu Ende zu spielen, muss man auf diesen Satz nicht viel geben.

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