Acht Sekunden...

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Im Fußball fallen den Beteiligten frühere Aussagen gern mal auf die Füße. So amüsieren sich auch nach Jahren noch Fußballfans über Andy Möllers Geografie Kenntnisse zu Mailand oder Madrid und die Fußballweisheiten von Sepp Herberger "Der Ball ist Rund" und "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel" werden auch heutzutage noch gern zitiert.

So kann man sich auch durchaus gern an aktuelleres erinnern und zum Thema RB Leipzig fallen einem spontan die Aussagen von Ralf Rangnick ein, der durchaus regelmäßig seine Vision vom Fußball, die er in den von Red Bull unterstützten Vereinen sehen will, verbreitet. Ein in der Presse oft zitiertes ist dabei:

"Es ist so, dass mittlerweile nachgewiesen ist, dass die größte Chance ein Tor zu erzielen, innerhalb von acht Sekunden nach einem Ballverlust des Gegners ist."

Sport10.at zitiert ihn diese Woche sogar noch mit einer leichten Steigerung dessen:
"Wenn man acht Sekunden nach Ballgewinn nicht schon ein Tor erzielt hat, kann man dem Gegner - übertrieben gesagt - den Ball zurückgeben, weil die Chance auf den Torerfolg sehr gering ist."

Nun, auf Salzburg angewendet, mag man dieses noch ganz positiv gewertet werden (wobei man beim nachmessen wohl auch dort oft an den 8 Sekunden scheitern wird), hinsichtlich Leipzig sieht der Unterschied dort schon gravierender aus.

Schaut man sich die Spiele an, ist es eher der Fall, das der Ball kontrolliert aus der eigenen Hälfte gespielt wird, nicht selten auch über die hoch aufrückenden Außenverteidiger. Erobert man den Ball in der gegnerischen Hälfte, geht man dort oft über viele Stationen, bis der endgültige Abschluß gesucht wird. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn versucht man es direkt auf einen der Stürmer, stehen meist direkt Verteidiger parat um die Ballannahme oder den Torerfolg zu verhindern.

Dies ist eine der typischen Faktoren, an denen man merkt, das das von Rangnick stark geprägte Spielsystem an den spanischen Fußball angelehnt ist. Genauer gesagt inspiriert von Spielweisen des FC Barcelona. Leipzigs Problem ist allerdings, das Barcelona auf europäischer Top Ebene spielt und die Primera Divison ein starkes Leistungsgefälle aufweist. So bietet es sich dort an den Gegner mit einer offensiven 4-3-3 Variante förmlich zu überrennen. Und schafft es ein Gegner doch diese offensive Spielweise für Tore zu nutzen, schießt man nicht selten einfach mehr als er. Selbst international ist die hohe individuelle Qualität von Barcelona ausschlaggebend für den Erfolg der Spielweise. 

Aber kommen wir zurück zu Leipzig. Dort spielt man dieses, sehr auf Perfektion ausgerichtete System nun in der 3. Liga oder versucht dies zumindest. Da man sich jedoch qualitativ sicher auch einige Stufen unter dem internationalen Niveau bewegt, treten auch die Nachteile des Systems wesentlich stärker in Aktion. Denn anders als auf höchsten Niveau, können die Gegner hier Schaltstellen zur Not durchaus in Manndeckung nehmen ohne dem Gegner direkt fatalen Platz zu ermöglichen. Auch lässt sich das starke Mittelfeld mit Kaiser/Kimmich durch lange Bälle schnell überwinden und die Verteidigung läuft bei schnellen Kontern  schnell auf 1 gegen 1 Situationen raus, erst recht wenn die Leipziger in der Vorwärtsbewegung den Ball verlieren und die Außenverteidiger zu diesem Zeitpunkt schon aufgerückt waren.

Allgemein ist die Anforderung des Systems an die individuellen Fähigkeiten sehr hoch, ob in der Bewegung ohne oder mit Ball, ob im Laufpensum oder beim verschieben. Die einzige Möglichkeit dieses System zu spielen ist eine Mannschaft zu haben, die komplett als Einheit diesen Aufwand möglichst perfekt umsetzt und das stabil in jedem Spiel. Eine durchaus schwere Aufgabe für Trainer Alexander Zorniger. Ob dies ohne neue Spieler zu schaffen ist wird sich erst noch zeigen.

Und auch eine weitere Sache ist im Kopf zu behalten. Barcelonas Spielsystem ist geleitet von dem Ziel die Spiele möglichst dominant zu bestreiten was sehr oft in hohen Ergebnissen mündet und somit auch resistenter gegen Fehler und Gegentore ist. Sollte sich herausstellen das die Anzahl oder Verwertung von Chancen es nicht zulassen ein solches torreiches System aufzuziehen, muss man sich auch die Frage stellen, ob es wirklich das richtige System ist. Denn für kampfbetonte 1:0 erfolge gibt es sicher risikoärmere Varianten.

Man darf gespannt sein welche Lösungen Alexander Zorniger und sicher im Hintergrund auch Ralf Rangnick ausdenken und auch wenn sicher am Wochenende niemand mit der Stoppuhr ins Stadion geht. Spätestens beim entspannten Ansehen der Nachberichterstattung kann man ja mal messen, wie es mit der 8 Sekunden Regel steht.



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